Virtuelle Beurkundung: GmbH-Gründung in Zukunft aus dem Homeoffice?

Crypto, Metaverse, NFT – das Leben wird immer virtueller und die fortschreitende Digitalisierung unserer Gesellschaft sorgt dafür, dass Arbeitsprozesse von einzelnen Personen und Unternehmen effizienter und nachhaltiger gestaltet werden können. Der Gesetzgeber hat nun zur Umsetzung einer entsprechenden EU-Richtlinie das Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (kurz: DiRUG) verabschiedet und u. a. die Möglichkeit geschaffen, in Zukunft eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) bzw. eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) online zu gründen. Ein persönlicher Gang der GründerInnen zum Notar erübrigt sich damit. Gerade für die stetig wachsende Start-Up- sowie Venture Capital-Szene in Deutschland könnte die Möglichkeit der Online-Gründung ein wichtiger Schritt in Richtung Vereinfachung und Digitalisierung des Rechts sein und den Beteiligten einen effizienten Prozess ermöglichen.

Beurkundungsfähige Vorgänge

Die Online-Gründung ist zunächst nur für Bargründungen vorgesehen. Das Online-Verfahren kann dabei für die Beurkundung des Gesellschaftsvertrags selbst und der Beschlüsse, die mit der Gründung in engem Zusammenhang stehen oder dafür erforderlich sind, genutzt werden. Das sind z.B. Geschäftsführerbestellungen und die Festlegung der Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer. Außerdem können in Zukunft Anmeldungen zum Handelsregister und Genossenschaftsregister digital beglaubigt werden.

Ab dem 1. August 2023 können weitere Vorgänge digital erledigt werden: Dann wird der Katalog um GmbH-Gründungen mit Sacheinlage oder Sachagio und einstimmig gefasste Gesellschafterbeschlüsse über Satzungsänderungen erweitert.

Keine Anwendung findet das Online-Verfahren einstweilen auf die Beurkundung von Geschäftsanteilskaufverträgen und Umwandlungsvorgängen. Diese müssen weiterhin ausschließlich im Rahmen eines notariellen Präsenztermins beurkundet werden.

Neben der rein digitalen Gründung eröffnet das DiRUG die Möglichkeit, ein sog. gemischtes Verfahren durchzuführen. Bei diesem können einzelne GründerInnen vor Ort sein und andere etwa aus dem Homeoffice dazugeschaltet werden.

Voraussetzung für die Online-Gründung

Um die erforderlichen Sicherheitsstandards bei Beurkundung bzw. Beglaubigung und insbesondere der Identifikation der Beteiligten zu gewährleisten, sind bestimmte Voraussetzungen beim Online-Verfahren zu erfüllen. Die Online-Gründung erfolgt über ein von der Bundesnotarkammer zur Verfügung gestelltes Webportal. Die Beteiligten benötigen für die Nutzung lediglich eine technische Grundausstattung: PC, Laptop oder Tablet, Webcam sowie Mikrofon, stabile Internetverbindung und ein Smartphone.

Die Beteiligten müssen sich zunächst mittels eines elektronischen Identitätsnachweises im Webportal registrieren. Geeignete elektronische Identitätsnachweise sind deutsche Personalausweise mit freigeschalteter Online-Ausweisfunktion oder elektronische Aufenthaltstitel. Seit dem 1. November 2010 werden in Deutschland Personalausweise standardmäßig mit einer solchen Online-Funktion ausgestattet.

Der Identitätsnachweis kann auch durch einen sog. notifizierten europäischen Identitätsnachweis erbracht werden. Bislang haben nicht alle Mitgliedsstaaten das Notifizierungsverfahren vollständig durchlaufen – was bedeutet, dass der Zugang zum Webportal der Bundesnotarkammer für Personen ohne deutschen Personalausweis derzeit noch nicht flächendeckend möglich ist. Aktuell erfüllen die Ausweisdokumente von rund 12 Mitgliedsstaaten die Sicherheitsanforderungen. Für Drittstaatler kann der Zugang nur über einen Aufenthaltstitel oder eine estnische e-Residency-Card erfolgen. 

Nach einer erfolgreichen Registrierung können die BenutzerInnen den/die beurkundende/n NotarIn über eine Notarsuchfunktion auswählen. Dabei gelten aus dem Amtsbereichsprinzips erwachsende Beschränkungen, sodass keine freie NotarInnenwahl besteht. Es wird entweder an den zukünftigen Sitz der zu gründenden Gesellschaft oder den Sitz/Wohnsitz eines Gesellschafters angeknüpft.

Der zentrale Punkt des Online-Gründungsverfahrens ist sodann die Identifizierung der Beteiligten durch den/die NotarIn. Diese erfolgt anhand eines Zwei-Faktor-Verfahrens:

  • In einem ersten Schritt erfolgt eine Identifizierung der Beteiligten unter Nutzung einer auf dem Smartphone der Beteiligten installierten App.

  • Auf zweiter Stufe findet ein Abgleich des Erscheinungsbildes der Beteiligten per Videokonferenz mit dem elektronisch aus dem Ausweis ausgelesenen Lichtbild statt. Hierfür ist deutscher Reisepass mit NFC-Chip (oder ein nach dem 1. August 2021 ausgestellter Personalausweis) erforderlich. Möglich ist die Identifizierung auch mit Reisepässen anderer EU-/EWR-Mitgliedsstaaten oder von rund 50 Drittstaaten.

Zusätzliche Hürden bei einer Gründung durch ausländische juristische Personen

Die in der Praxis häufige Gründung deutscher Tochtergesellschaften durch ausländische Unternehmen ist grundsätzlich auch durch das DiRUG vorgesehen. Dabei dürften sich jedoch zusätzlich zu den bereits oben angeführten Identifikationsschritten weitere Hürden ergeben. Ein/e NotarIn ist in Deutschland verpflichtet, die Vertretungsberechtigung der für die juristische Person auftretenden natürlichen Personen zu überprüfen. Also: Es ist festzustellen, ob die natürliche Person berechtigt ist, für die ausländische Gesellschaft aufzutreten und diese bei der Gründung zu vertreten. Dieser Nachweis kann nur dann durch den/die beurkundende/n NotarIn geführt werden, wenn ausländische Handelsregister eine mit dem deutschen Handelsregister vergleichbare Informationsdichte besitzen (z. B. Italien, Österreich und Spanien) und der/die NotarIn zusätzlich der jeweiligen Sprache ausreichend mächtig ist. Ist eine dieser Voraussetzungen nicht gegeben, so wird der/die NotarIn die Vorlage eines apostillierten Handelsregisterauszugs verlangen. Mangels digitalen Formats (z. B. e-Legislation bzw. e-Apostille) müssen diese Dokumente weiterhin im Original in Papierform vorgelegt werden (was regelmäßig zusätzliche Zeit beansprucht). Entsprechendes gilt im Übrigen auch für die Beibringung von im Ausland unterzeichneten Vollmachten.

Fazit und Ausblick

Die Einrichtung der Online-Gründung erreicht die gewünschte Vereinfachung, während die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigt wird. Die Möglichkeit der Durchführung eines gemischten Verfahrens steigert zudem die Praktikabilität. Insgesamt ist das Angebot der Online-Gründung von GmbHs und UGs ein Schritt in Richtung Digitalisierung, der trotz der noch bestehenden Hürden begrüßenswert ist. Aktuelle Entwicklungen zeigen zudem, dass Bemühungen angestellt werden, Kritikpunkte aus dem Weg zu räumen: Zum Beispiel ist bereits das erste Ergänzungsgesetz in Kraft getreten und die Ausweitung des Anwendungsbereichs, z. B. für die GmbH-Gründung mit Sacheinlage, gilt schon ab dem 1. August 2023.

Zu anfänglichen Schwierigkeiten kann das zweigeteilte Identifizierungsverfahren führen, da es unter Umständen bedeuten kann, dass GründerInnen neben dem Personalausweis mit eID Funktion auch einen Reisepass mit lesbaren NFC-Chip parat halten müssen. Die gewünschte Beschleunigung und Vereinfachung wird außerdem erst erreicht, wenn GründerInnen bereits im Vorfeld über die erforderlichen elektronischen Identifikationsdokumente verfügen und diese nicht noch beantragt oder eingerichtet werden müssen.

Die Erleichterungen durch das DiRUG vermögen auch die Gründung durch ausländische juristische Personen nicht ganz erreichen, da diese mangels e-Legislation bzw. e-Apostille regelmäßig weiterhin auf analoge Maßnahmen zurückgreifen müssen. Jedenfalls werden sie die entsprechenden Dokumente vorab per Post an den/die NotarIn versenden müssen, bevor sie den restlichen Prozess über das Online-Verfahren durchführen können. 

 

 

Verfasst von Julian S. Tristram.

 

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