Erweiterte Kürzung: Hat das Auslagerungsmodell bei wesentlichen Bestandteilen ausgedient?

Der BFH hat sich in einem (noch) nicht im Bundesteuerblatt veröffentlichten Urteil vom 11. Januar 2024 erneut mit der Frage der erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung i.S.d. § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG befasst. Im Fokus stand die Frage der Übertragung des Eigentums an Betriebsvorrichtungen und insbesondere solchen, die zivilrechtlich wesentlicher Bestandteil des Mietgegenstands sind.

Dem Urteil lag folgender – vereinfachter – Sachverhalt zugrunde:

Eine GmbH & Co. KG („Klägerin“) vermietete mit Mietvertrag von 1998 ein mit einem Hotel bebautes Grundstück. Nach dem Mietvertrag waren die Erstausstattung und Ersteinrichtung Gegenstand der Mietsache und wurde vom Vermieter kostenfrei zur Verfügung gestellt. Dazu gehörten u.a. die Möblierung und sonstige Einrichtung und Ausstattung der Hotelzimmer, der Tagungs- und Konferenzräume, der öffentlichen Bereiche, der Küche, des Restaurants und der Personal- und Büroräume („Ersteinrichtung“). Im Jahre 2014 wurde im Rahmen eines Nachtrags zum Mietvertrag das Eigentum an der Ersteinrichtung auf den Mieter übertragen. Im gleichen Nachtrag wurde der Mieter verpflichtet, bei Beendigung des Mietvertrags der Ersteinrichtung entsprechende Gegenstände an die Klägerin zurück zu übereignen. In der Gewerbesteuererklärung für das Jahr 2015 nahm die Klägerin die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 und 3 GewStG in Anspruch.

Das FA versagte die erweiterte Kürzung. Das FG Schleswig-Holstein wies die dagegen erhobene Klage als unbegründet ab, da es sich bei dem Nachtrag um ein mit einem Pensionsgeschäft nach § 340b HGB vergleichbares Geschäft handle. Ob dadurch das wirtschaftliche Eigentum übertragen werde, könne dahinstehen. Die Überlassung der Ersteinrichtung ähnele einem Miet- bzw. Pachtvertrag und stelle daher ein schädliches Nebengeschäft im Sinne des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG dar.

Der BFH hob das Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück.

Die Klägerin als gewerblich geprägte Personengesellschaft erziele grundsätzlich gewerbliche Einkünfte, die der Gewerbesteuer unterliegen. Die erweiterte Kürzung könne sie nur in Anspruch nehmen, wenn sie ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalte und nutze. Grundbesitz umfasse nicht die mitüberlassenen Gegenstände, durch die das Gewerbe unmittelbar betrieben wird – sprich Betriebsvorrichtungen. Dies gelte auch dann, wenn die Betriebsvorrichtungen zivilrechtlich wesentliche Bestandteile des Grundstücks wären. Ob Betriebsvorrichtungen kürzungsschädlich mitvermietet sind, beurteile sich nach den zivilrechtlichen Regeln. Entsprechend sei es nicht möglich, wesentliche Bestandteile eines Grundstücks, die eine Betriebsvorrichtung darstellen, isoliert zu übertragen. Für solche Betriebsvorrichtungen wäre nur eine eigenständige vom Zivilrecht abweichende steuerrechtliche Zuordnung des Wirtschaftsguts als wirtschaftliches Eigentum nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO möglich.

So weit so bekannt. Die Besonderheit des Urteils ergibt sich aus der Subsumtion. Der BFH hebt das Urteil des FG mit der Begründung auf, dass das FG nicht hätte offenlassen dürfen, ob die Klägerin im Streitjahr noch wirtschaftliche Eigentümerin der Ersteinrichtung war. Nur im Fall des wirtschaftlichen Eigentums hätte die Klägerin die Ersteinrichtung kürzungsschädlich überlassen.

Bei seiner anschließenden Segelanweisung an das FG stellt der BFH für die Zuordnung des Eigentums an der Ersteinrichtung und damit ihre gewerbesteuerliche Schädlichkeit aber erstaunlicherweise nur auf die zivilrechtlichen Maßstäbe zur Übertragung von Eigentum ab. Er erachtet daher die Qualifikation der Ersteinrichtung als zivilrechtlich wesentlicher Bestandteil als weichenstellend: Sofern und soweit die Ersteinrichtung wesentlicher Bestandteil des Mietgegenstands ist, konnte sie nicht wirksam auf die Mieterin übertragen werden und verblieb daher im Eigentum der Klägerin, die folglich nicht in den Genuss der erweiterten Kürzung kommen könne. Die Möglichkeit des abweichenden wirtschaftlichen Eigentums an wesentlichen Bestandteilen wird nicht aufgegriffen. Dies verwundert, weil der BFH das wirtschaftliche Eigentum zuvor selbst als entscheidungserhebliche Feststellung deklariert und ihr Fehlen zur Aufhebung des Urteils geführt hat.

Daher ist zumindest fraglich, ob der BFH die praxisrelevante Auslagerung von Betriebsvorrichtungen durch Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums für den Fall wesentlicher Bestandteile in Frage stellen wollte oder, ob der fehlende Hinweis auf die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums bei wesentlichen Bestandteilen dem Urteilssachverhalt geschuldet war, in dem wohl kein konkreter Versuch unternommen wurde, das wirtschaftliche Eigentum zu übertragen. Wenngleich sich in letzterem Fall die Frage anschließt, ob nicht eine Auslegung des Nachtrags nach dem Willen der Parteien – die die Übertragung der Ersteinrichtung anstrebten – vorzunehmen wäre. Dies wiederum wäre aber Gegenstand der Tatsachenfeststellung durch das FG.

Das Urteil zeigt einmal mehr, dass die Voraussetzungen der erweiterten Kürzung streitanfällig sind. Wenngleich die Entscheidung mangels konkreter Stellungnahme des BFH das in der Praxis viel genutzte Auslagerungsmodell nicht obsolet machen sollte, ist man gut beraten, bei der Strukturierung und Miet-/Pachtvertragsgestaltung der Minimierung des Risikos von mitvermieteten Betriebsvorrichtungen besondere Beachtung zu schenken.

 

 

Verfasst von Dr. Mathias Schönhaus and Anja Brunthaler.

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